Was ist Achtsamkeit?
Stellen Sie sich vor, Sie könnten sich selbst mit eigenen Augen sehen. Erkennt Ihre Aufmerksamkeit, dass Sie tatsächlich aufmerksam sind, dann wird diese erhöhte Form von Aufmerksamkeit als Achtsamkeit bezeichnet.
Ein Beispiel: Ich lese diese Zeilen. Ich weiß, dass ich lese und dabei sitze, Teeduft zieht mir in die Nase, ich komme darüber ins Sinnieren und schweife ab. Das bemerke ich und kehre aufmerksam zum Text zurück. Ich klopfe anerkennend auf die Schulter, weil es mir gelungen ist nicht länger als zwei Minuten abzuschweifen. Nun überlege ich, welche enormen Kräfte in unserem Geist freigesetzt würden, wenn wir alle immer hundertprozentig achtsam wären. Und ich stelle fest, dass ich schon wieder mechanisch über die Buchstabenreihen schweife, anstatt mich auf das zu konzentrieren, was direkt vor mir liegt.
Unser Alltagsbewusstsein ist kein wirksames Mittel, um tiefere Ebenen unseres Selbst zu erfahren und zu verändern, denn unser Alltagsbewusstsein nutzt gerade diese tiefen Schichten für seine gewohnheitsmäßige Selbstorganisation. Deshalb stehen wir beim Ringen um Veränderung oft an dem Punkt, dass wir das Problem mit dem Verstand durchaus gut erkennen, aber die Lösungsversuche funktionieren nicht. An dieser Stelle hilft uns innere Achtsamkeit, eine Form der Aufmerksamkeit, die sich in den meditativen Disziplinen schon seit Jahrtausenden bewährt hat.
Die langsame Schulung der inneren Achtsamkeit baut eine immer stabiler werdende Bewusstseinsposition auf, die uns mehr und mehr erlaubt, die Bestandteile und die Gestaltung des inneren Erlebens zu erforschen.
Zunächst bekommen wir ein besseres Gespür und Gefühl für die Fragen unseres Lebens, und schließlich können wir zu den Grundlagen unserer Selbstorganisation Zugang finden, dem »roten Faden«, der sich oft wie in einem Webmuster durch viele Bereiche unseres Lebens zieht. Die nicht-bewussten automatischen Steuerungsfaktoren werden allmählich ins Bewusstsein gehoben und durch eine immer umfassender werdende »Selbstführung« organisiert. Letztlich führt der Weg der Achtsamkeit zu den Kräften der Selbstheilung und der inneren Weisheit.
„Aus Leiden sind die stärksten
Seelen hervorgegangen.
Die mutigsten Charaktere sind
von Narben gezeichnet“.
Khalil Gibran
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